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Berufliche Erfüllung: Lebensziel oder hoffnungslos? 

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Berufliche Erfüllung

Die ganze Arbeitswelt redet von beruflicher Erfüllung und „dem Sinn“. Jede:r sucht ihn, doch kaum jemand findet ihn – schon gar nicht bei der Arbeit.

Mit dieser steilen These crasht Prof. Dr. Ingo Hamm gerne die Purpose-Fantasien von Unternehmen und erforscht seit einigen Jahren den heiligen Gral der beruflichen Erfüllung. Dabei kommt er zu dem Schluss, dass es einerseits gar nicht so viele Jobs gibt, die uns die reine Erfüllung bringen und andererseits, dass uns die Sinnfrage an sich eigentlich schon unglücklich macht. Für ihn geht es um etwas anderes, nämlich Erfüllung und Befriedigung in unserem aktiven Tun zu finden. Viele spannende Gründe also, um ihn im „Good Life, Good Business“ Podcast genauer zu befragen und natürlich 5 Tipps aus ihm herauszukitzeln, wie es uns nicht doch gelingen kann unsere Arbeit als sinnhaft zu erleben und zu gestalten.

 

 

Berufliche Erfüllung, Kernkompetenzen und die Purpose-Frage – mit Professor Dr. Ingo Hamm

Professor Hamm ist Experte für Wirtschaftspsychologie und bringt eine beeindruckende Karriere mit. Von seiner Zeit als McKinsey-Berater über seine Tätigkeit in einem Konzern bis hin zur Leidenschaft für angewandte Forschung und Beratung, hat er einen tiefen Einblick in die Unternehmenswelt. Seine Forschung an der Hochschule Darmstadt und seine Beratungstätigkeit, gepaart mit zahlreichen Publikationen, darunter das Buch „Sinnlos glücklich“ und „True Leadership“ , machen ihn zu einem gefragten Redner und Autor.

Die Suche nach Sinn

Wie genau findet man also Sinn in seiner Arbeit? Professor Hamm hinterfragt bei dieser Frage kritisch das Streben nach einem ‚Purpose‘ im Unternehmenskontext. Er betont, dass die Suche nach Sinn eine individuelle Reise ist, die Zeit und Selbstreflexion erfordert. Dabei geht es darum, herauszufinden, was einen im Innersten antreibt und welche tief liegenden Kompetenzen und Motivationen man hat. Hier schlummern unsere Kerntalente, deren Ausübung uns Freude bereiten und uns in einen Flow-Zustand kommen lassen.
Erst, wenn wir echte Faszination für eine Tätigkeit besitzen, kann sich intrinsische Motivation den Weg bahnen und führt dazu, dass wir bei dieser Tätigkeit keinen Stress empfinden oder sie uns nicht als harte Arbeit erscheint – auch wenn es auf andere von außen so wirken mag.
Die Schwierigkeit seine inneren Kompetenzen aufzudecken, liegt darin, dass sie meist im Laufe der Jahre verschüttet wurden und in einer Zeit entstanden, in der extrinsische Faktoren wie Geld, Boni, Ansehen und Status noch keine Rolle spielten. Bei der Suche danach muss man sich also in den meisten Fällen viele Jahre zurück erinnern.

 

Praxistipp 1: Rückblick in die Kindheit

Um Hinweise auf unsere wahren Leidenschaften und Interessen zu finden, ermutigt Professor Hamm dazu, sich zu erinnern, was uns als Kind Freude bereitet hat. Dabei geht es nicht darum, spontan das eigene Jobleben umzukrempeln, um doch noch „Feuerwehrmann“, „Tierärztin“ oder „Astronaut“ zu werden. Vielmehr bieten uns die Kindheitsträume die Möglichkeit, unsere Faszination abstrakter und aus der Distanz heraus zu betrachten.

 

• Was genau war das Spannende an dem Beruf?
• Welche Faktoren haben konkret Spaß gemacht?
• War es der soziale Aspekt Menschen zu helfen? Hat die Technik gefesselt? Oder der kreative Gestaltungsspielraum?

 

Aus diesen Erkenntnissen können Schlüsse gezogen werden, warum wir im aktuellen Jobleben eben keine Erfüllung finden und sie bieten Hinweise, welche bisher eingeschlafenen Kompetenzen im aktuellen Arbeitsalltag neu integriert oder wiederbelebt werden können.

 

Praxistipp 2: Selbstfindung als Herausforderung

Ein zentrales Thema des Gesprächs ist die Schwierigkeit, sich selbst zu finden. Professor Hamm betont, dass es eine Herausforderung ist, sich Zeit für Selbstreflexion zu nehmen. Er empfiehlt, sich diese bewusst zu nehmen, auch wenn das bedeutet, aus der Komfortzone herauszutreten. Dies kann durch Meditation, Tagebuch schreiben oder professionelles Coaching unterstützt werden.

Praxistipp 3: Die Bedeutung des Tuns

Professor Hamm hebt die Bedeutung des ‚Tuns‘ hervor. In einer digitalisierten Welt verlieren viele das Gefühl für Arbeit, die am Ende in einem tatsächliches Produkt resultiert. Er rät dazu, sich auf Tätigkeiten zu konzentrieren, die greifbare Ergebnisse liefern, sei es durch ein Hobby, ehrenamtliche Arbeit oder das Erstellen von etwas Greifbarem, wie einem Baumhaus, der Reparatur eines Motorrades oder Kochen für Freund:innen. Dieses ‚Tun‘ kann ein Gefühl der Befriedigung und des Stolzes – auch „Werkstolz“ genannt – hervorrufen, das in vielen modernen Berufen fehlt.

Praxistipp 4 : Zufriedenheit jenseits des Jobs finden

Auch wenn es der Traum einer/s jeden Vorgesetzten ist, dass die Mitarbeitenden für ihren Job brennen und durchweg 120% geben, ist diese innere Motivation realistisch betrachtet eben nicht für jede:n möglich. Auch Gehalt und Status können ausreichende Motivatoren sein, um Mitarbeitende dazu zu bringen, gute Arbeit zu machen. Im echten Leben kann „gut“ einfach auch mal „gut genug“ sein. In diesem Fall sollte man sich aus Arbeitnehmer:innen-Sicht wie in Praxistipp 3 beschrieben schlicht und ergreifend seinen persönlichen Sinn im privaten Umfeld suchen, denn dafür muss nicht gezwungenermaßen der Job herhalten, wenn wir ihn für uns auch anderweitig finden können.

Praxistipp 5: Achtsamkeit im Beruf

Ein weiterer wichtiger Schritt zur beruflichen Erfüllung besteht darin, achtsamer zu sein. Professor Hamm schlägt vor, zu beobachten, was uns im Job Freude bereitet und was uns zu abstrakt erscheint. Er betont die Wichtigkeit, sich auf die konkreten Aspekte der Arbeit zu konzentrieren, die unseren tiefsten Kompetenzen und Interessen entsprechen. Dies kann durch regelmäßige Selbstreflexion und das Setzen von klaren, erreichbaren Zielen bewerkstelligt werden.

Letztendlich trägt ein gewisser „Werkstolz“ auf Dinge, die wir tatsächlich erschaffen haben, nach Professor Hamm stark dazu bei, persönliche Erfüllung zu spüren. In unserer stark digitalisierten Informationsgesellschaft machen wir zwar den ganzen Tag sehr viel – tun aber letztendlich nur wenig händisch, um ein physisches Endprodukt zu sehen. Selbst machen – auch, wenn es nur am Ende des Tages das Aufschreiben der eigenen kleinen Erfolge und Erledigungen des Tages sind, kann helfen, Abstraktes wieder konkreter ins Bewusstsein zu holen.

Machen versus Tun

Professor Hamms Ansichten fordern uns heraus, über unsere aktuellen Arbeitsrollen hinauszudenken und einen persönlicheren, erfüllenderen Ansatz zur Arbeit zu finden. Er betont, dass wahre Erfüllung oft in der Verbindung zwischen unseren tiefsten Interessen und den Tätigkeiten, die wir ausüben, liegt. Die Reise zur beruflichen Erfüllung ist nicht immer einfach, aber sie ist lohnend und kann zu einem erfüllteren, glücklicheren Arbeitsleben führen.

Seien wir mal ehrlich

Aufgeblasene Konzern-Puposes, angereichert durch Mission und Vision die darauf abzielen PR-wirksam einen Weltrettungsanspruch zu präsentieren – auch wenn die Tätigkeiten des Unternehmens es gar nicht hergeben – sorgen dafür, dass Anspruch und Wirklichkeit schnell aufeinanderprallen. Das kann leicht in letzter Konsequenz bei den Mitarbeitenden zu Unzufriedenheit führen.

Noch viel mehr Input….

Ganz konkrete Negativ- aber auch Positivbeispiele aus der Wirtschaft nennt Professor Dr. Ingo Hamm in der kompletten Podcast Episode. Er spricht unter anderen noch darüber, wie Handwerker im Vergleich anderen Arbeitnehmer:innen ihre Arbeit empfinden und warum die Bundeswehr sich überraschend ehrlich und konkret präsentiert. Die komplette Episode findet ihr hier – oder auf allen gängigen Podcast-Plattformen.


Bleibt neugierig!

Eure Vaya Wieser-Weber, Ralf Schmitt, Mirja Dajani

Und das Team der Impulspiloten

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